Das Schild ist immer da
Ich wurde 1991 geboren und bin in verschiedenen Wohnungen rund um den Alexanderplatz aufgewachsen. Ich bin jeden Tag mit der U2 zur Schule nach Charlottenburg gefahren, an den Stationen Spittelmarkt, Märkisches Museum, Klosterstraße und Stadtmitte ist fast nie jemand ausgestiegen. Ich bin noch nicht mal zufällig hier langgelaufen. Wer wohnt da eigentlich, habe ich mich oft gefragt. Nur wenn mein Opa zu Besuch kam, fuhren wir mit seinem Auto durch die Gegend und eben auch durch die Leipziger Straße.
Das Coca-Cola-Schild am Spittelmarkt war das Einzige, was ich mit ihr in Verbindung gebracht habe. Die Straße ist mir immer fremd geblieben, bis ich meinen späteren Mann kennengelernt habe.
Als ich ihn das erste Mal besucht habe, dachte ich:
Ist ja krass, Leipziger!
2013 haben wir die Wohnung von seinen Eltern übernommen und schauen vom Wohnzimmer jetzt direkt auf das Coca-Cola-Schild gegenüber. Lange Zeit war es die ganze Nacht über beleuchtet. Seit Beginn des Kriegs in der Ukraine wird es spät abends ausgemacht. Zum Pride-Monat leuchtet es in Regenbogenfarben.
Die Straße verändert sich laufend, Restaurants kommen und gehen, Start-Ups oder irgendwelche künstlerischen Räume ziehen ein und wieder aus. Aber das Coca-Cola-Schild bleibt. Jedes Mal, wenn wir vom Urlaub zurückkommen und ich es schon von weitem sehe, weiß ich: Da ist mein Zuhause. Mein Mann wäre auch offen dafür, irgendwo anders hinzuziehen. Aber ich sage: Nee, ich bleibe hier!