Und dann löste sich alles langsam auf
Wir liebten das Gemeinschaftsleben, wir sind ja auch vom Ich zum Wir erzogen worden. Die Gesellschaft hatte ein vernünftiges Zusammenleben angestrebt und wir haben gesagt: Natürlich, dann machen wir doch was daraus. Die Politik war auch so gestaltet, dass das Zusammenleben angenehm sein sollte, um nicht auf die Idee zu kommen, in die Bundesrepublik ziehen zu wollen. Sozial war hier eigentlich nichts auszusetzen. Das Zusammenleben in den Häusern war sehr angenehm und es galt das Motto: Du wohnst hier, also musst du dich auch einbringen. Die Häuser wurden selber gestrichen und die Grünanlagen wurden von den Hausgemeinschaften gepflegt. Alle drei oder vier Jahre wurde eine Hausgemeinschaftsleitung gewählt. Bei der Auszählung konnten alle dabei sein.
In unserem Haus, der Nummer 56, standen unten einmal Räume leer. Die damalige kommunale Wohnungsverwaltung hatte nichts gegen Gemeinschaftsräume, also haben wir einen eingerichtet. Dort fanden dann Frauentagsfeiern, Weihnachts- und Kinderfeste und noch mehr statt. Den Raum gibt es heute nicht mehr, die Nachbarschaftshilfe und andere Einrichtungen von damals sind größtenteils leider auch Geschichte.
An vorbildliche Hausgemeinschaften wurde, ab Mitte der 1980er Jahre vom Wohnbezirksausschuss der „Nationalen Front“, die Goldene Hausnummer vergeben. Diese hier ist, wie die anderen auch, nach der Wende abgenommen worden. Man wollte sie nicht mehr an der Fassade haben.