Die architektonische Verankerung in der Geschichte war gewollt
Der Spachtel steht für einen Anfang und der geht auf den Februar 2020 zurück. Ich hatte damals das Glück, in der Leipziger Straße eine Wohnung zu finden, zumal ich mich schon seit dem Studium mit DDR-Städtebau und Architektur beschäftige. Man kann hier sehr gut beobachten, welcher gesellschaftliche Wert einem gewissen Baukulturerbe zu welcher Zeit zugestanden wird. Lässt man in der Planung zu, dass historische Bausubstanzen, die gegebenenfalls Ausdruck bestimmter Gesellschaftssysteme sind, miteinander bestehen, oder räumt man sie ab?
In der Planung der Leipziger Straße war die architektonische Verankerung in der Geschichte gewollt. Die Spittelkolonnaden oder der Spindlerbrunnen sind historische Anker, die mitgeplant wurden in diesem eindeutigen Bekenntnis zur internationalen Moderne, zur Wohnmaschine und zur autogerechten Stadt. Acht Fahrspuren und gleichzeitig noch Relikte oder Bausubstanz hinzuzufügen, die auf eine weiter zurückliegende Vergangenheit verweisen, ist natürlich ein interessanter Ansatz.
Ich habe die Wohnung also zu Beginn der Covid-Pandemie bezogen und dann zwangsläufig viel Zeit da verbracht. Wenn sich unter den Tapeten nun mal Beton befindet, wäre es doch spannend, mit dem Beton auch zu leben.
Das war mein Ansatz. Ich habe dann die Tapeten abgekratzt, das hat mehrere Monate gedauert. Der Spachtel war da voll im Einsatz.