Eine Nähmaschine gehört in einen Haushalt

Meine Großeltern waren in der DDR einfache Arbeiter und verfügten nur über eine sehr schmale Rente. Aber sie wollten ihr Erbe mit warmen Händen weitergeben.
Irgendwie hatten sie für jedes ihrer fünf Enkelkinder 1000 Mark zusammengespart. Nur was macht man damit? Mein Bruder hat sich damit eine Küche gekauft. Ich hatte gerade mein Studium an der Technischen Universität in Dresden abgeschlossen und war auf dem Weg nach Berlin. Ich habe meiner Mutter früher oft beim Nähen zugesehen; also eine Nähmaschine gehört einfach in einen Haushalt, hab‘ ich mir gesagt.
Es war ein unglaublich warmer Sommer, 1966, als ich zum Konsum in die Schönhauser Allee gegangen bin. Da bekam man Marken, und ich hab‘ mir diese Veritas vom VEB Nähmaschinenwerk Wittenberge gekauft. Ein Topmodell, für 600 Mark. Die kann auch Zickzack und vorwärts und rückwärts, die ist schon mit Programm. Ich hab‘ dann einen Nähkurs bei der Volkshochschule besucht. Als ich 1973 in die Leipziger Straße gezogen bin, hab‘ ich zuerst mal Vorhänge genäht, später habe ich auch für mich und die Kinder oder manchmal für die Nachbarn ´was gemacht. Ich habe aber nie eine Identifizierung über Mode gesucht, ich hab‘ einfach nur genäht, was nötig war.
Die Maschine ist bis heute für kleinere Änderungen in Verwendung. Dabei hat sie in all den Jahren die Wohnung nur einmal für eine Durchsicht verlassen. 20 Kilo bewegt man im Hochhaus auch nur, wenn es unbedingt nötig ist.